"Blödsinn" und "Abzocke": Weshalb Wanderer in Tirol sauer sind

Going – Rauffahren, runterwandern. So handhaben viele Bergfreunde ihre Ausflüge. Wenngleich die Preise zwischen den Seilbahnen durchaus schwanken, bleibt eine Sache meist gleich: Sowohl für die Fahrt den Berg rauf als auch runter gibt es Einzeltickets. Nicht so bei der Bergbahn am Astberg in Going. Hier können Wanderer nur eine Talfahrt einzeln kaufen (23 Euro). Oder ein nur halbtags gültiges Ticket für eine Berg- und eine Talfahrt in Kombi (27,50 Euro). Wer also den Berg hochfahren will, ist gezwungen, die Fahrt runter gleich mitzukaufen.
Der Tiroler Josef Misslinger, der dort regelmäßig Wandern geht, hält das für "Abzocke" und "Blödsinn". "Eine Bergbahn ohne Bergfahrt - wie kann man sowas anbieten?" Er hält so ein Angebot für wenig nachhaltig, denn stattdessen würden die Menschen mit dem Auto hochfahren: "Die knallen so die schöne Bergwelt mit ihrem Diesel- und Benzingestank zu."
Die Bergfahrt ist beliebter als die Talfahrt
Mit seiner Kritik ist er nicht allein. Auch in den Google-Rezensionen der Seilbahn stören sich Wanderer an den hohen Preisen und wundern sich über das fehlende Bergbahn-Einzelticket. Denn unter Bergfreunden ist die Fahrt aufwärts beliebter. Der Verband Deutscher Seilbahnen und Schlepplifte teilt auf Anfrage der AZ mit, dass in Deutschland mehr Bergfahrten verkauft werden.
Wenngleich der österreichische Fachverband der Seilbahnen auf Nachfrage der AZ keine Einschätzung abgeben konnte, ist davon auszugehen, dass es sich in Österreich ähnlich verhält. "Zum einen wird der Fußweg talwärts meist als leichter eingeschätzt", sagt eine Sprecherin des deutschen Verbands der AZ. Zum andere gebe es zahlreiche Bergsportler, die etwa mit dem Gleitschirm wieder nach unten fliegen.
Seilbahn möchte Ticketangebot vorerst nicht anpassen
Die Betreiber der Bergbahn begründen das fehlende Bergfahrteinzelticket mit der Nachfrage der Besucher. "Leider hatten wir in der Vergangenheit immer wieder Probleme, dass sich einige Gäste eine Bergfahrt kauften, dann aber oben am Berg angekommen doch die Talfahrt nutzen wollten", sagt Bernhard Exenberger von Bergbahnen Wilder Kaiser, der AZ. Deswegen habe es ständige Diskussionen mit den Gästen gegeben, die behaupteten, von Anfang an eine Berg- und Talfahrt haben zu wollen. Dies sei gerade dann vorgekommen, wenn Regen oder Gewitter nahten. Was den Autoverkehr angeht, würde dieser laut Exenberger durch die wenigen Parkmöglichkeiten eingeschränkt.
Für den Sommer 2024 möchten die Seilbahnbetreiber das Ticketangebot nicht anpassen. Sie räumen jedoch ein, bei vermehrten Beschwerden die Tarifgestaltung anpassen zu wollen.