30.000 Nürnberger ließen sich verführen
Ob Kunstperformance im Plastiktüten-Look, filigrane Kunst auf Gläsern oder Wissenswertes über die Bratwurst – bei knapp 1000 Rundgängen war für jeden was dabei.
NÜRNBERG „Das kann ja jedes Baby“, brüllte die kleine Chantal (5), als sich das lebende Bild von Gerlinde Pistner, bestehend aus einer Gruppe in Plastiktüten-Kleider gehüllter Menschen, auf dem Sebalder Platz formierte. Der uncharmante Einwurf brachte die umstehenden Zuschauer zum Lachen, störte die Künstler aber wenig. „Happy Shopping“ hieß das lebende Bild, das Chantal wenig beeindruckte, die Zuschauer jedoch begeisterte.
Nur ein Beispiel von vielen: Es war wieder Stadt(ver)führungen-Wochenende in Nürnberg. Und das Angebot unter dem Motto „Dürer – Künstler – Könner“ war groß wie nie: 1000 Rundgänge wurden von Freitag bis zum gestrigen Sonntag angeboten. 30.000 Nürnberger nutzten das bundesweit einmalige Angebot.
Besonderen Zuspruch genoss wie immer die Führung von Nürnbergs Ex-Stadtrechtsdirektor Hartmut Frommer. Gebannt hingen die Verführten an seinen Lippen, als er erzählte, wie er darum kämpfte, die Nürnberger Bratwurst von der EU schützen zu lassen: „Damals brauchten wir die Unterstützung der Medien“, schwäbelte er. „Und dafür haben wir auch das 8-Uhr-Blatt benutzt“, klärte er die Zuhörer vor der AZ-Redaktion in der Winklerstraße auf.
Motto 2010: "Bewegung"
Optisch genussvoll – so konnte man die Verführung, die Glasgraveur Radomir Hable in seinem Laden am Albrecht-Dürer-Platz anbot, beschreiben. „Sind die Gläser schön“, pflichtete auch der 16-jährige Sebastian Karg bei. Hable nahm das Lob schmunzelnd zur Kenntnis, setzte sich an seinen Arbeitstisch und führte an einer Vase vor, wie sein Handwerk funktioniert. „Gelernt habe ich das Gravieren vor 42 Jahren von meinem Vater. Der hat es zuvor von seinem Vater gelernt“, so der gebürtige Tscheche. „Nur meine Söhne haben leider kein Interesse“, zuckte er mit den Schultern. In seinem kleinen Laden wird gefertigt, „was der Kunde sich wünscht“, erklärte der 58-Jährige. Portraits auf filigranen Gläsern, die Burg-Silhouette auf einem Bierkrug – alles kein Problem.
Und weil nach dem Event schon wieder vor dem Event ist, weiß Karin Jungkunz vom Kulturreferat auch jetzt schon, was die Verführungswilligen vom 18. bis 20. Juni 2010 erwartet: „Dann findet der Führungsmarathon unter dem Motto ,Bewegung’ statt – passend zu 175 Jahre erste deutsche Eisenbahn.“ kes
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