1000 Schweine und ein Streit um einen Mastbetrieb
Direkt neben einem jüdischen Friedhof soll in Unterfranken ein Mastbetrieb für jene Tiere entstehen, die bei Juden als „unrein“ gelten. Das Projekt beschäftigt das Verwaltungsgericht.
WÜRZBURG/NORDHEIM Ein Schweinemast-Betrieb direkt neben einem jüdischen Friedhof? Eigentlich hätte sich der potenzielle Betreiber denken können, dass dieses unsensible Vorhaben auf massive Widerstände stößt – schließlich gelten Schweine für Juden als „unreine Tiere“. Seit gestern beschäftigt sich das Würzburger Verwaltungsgericht mit dem umstrittenen Projekt.
Der jüdische Friedhof in Nordheim vor der Rhön (Landkreis Rhön-Grabfeld) hat eine lange Geschichte. Von 1727 bis 1933 wurden hier Tote feierlich beerdigt. Ihre letzten Ruhestätten liegen in einem kleinen Wäldchen, kaum ein Geräusch ist zu hören. Ein paar Kilometer weiter wird das Öko-Getränk Bionade abgefüllt. Aber davon bekommt man zwischen Grabsteinen und alten Bäumen nichts mit.
Doch bald könnte es mit der Stille vorbei sein: Nur 100 Meter von den Gräbern entfernt, soll ein Stall für 1000Schweine entstehen. Dagegen wehren sich der Landesverband der israelitischen Kultusgemeinde in Bayern, ein Waldbesitzer, der örtliche Abwasserverband sowie die Gemeinden Nordheim und Willmars mit vereinten juristischen Kräften.
Alle befürchten eine erhebliche und permanente Geruchsbelästigung durch den Schweine-Mist. Zudem sei ein Schweinemastbetrieb in der Umgebung eines Friedhofs nicht mit der jüdischen Ethik vereinbar. Ein jüdischer Friedhof sei ein heiliger Ort für Juden, argumentiert die Kultusgemeinde. Eine Gerichtssprecherin: „Die Halacha, das jüdische Religionsgesetz, verurteilt die Missachtung der Toten wie auch eines heiligen Ortes aufs Schärfste.“
Der Streit um die Schweine schwelt schon länger: Das Landratsamt Rhön-Grabfeld hatte bereits im Oktober 2007 eine Genehmigung für die Haltung von 1500 Tieren in Aussicht gestellt. Schon damals protestierten die Gegner. Und Juristen des Verwaltungsgerichts äußerten bei einer Begehung im Sommer 2008 erhebliche Bedenken wegen der zu erwartenden Ammoniak-Emissionen. Der Landwirt hatte das Projekt daraufhin auf 1000 Tiere reduziert.
Eine Entscheidung über die Klagen ist erst in einigen Wochen zu erwarten.
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